In meiner Jugend gab es Farbe, die hielt auf Aluminium. OK, man durfte die Nase nicht über den Farbtopf halten, weil man sonst Dinge sah, die gar nicht da waren, aber ansonsten verhielt sich Farbe so, wie man es von ihr erwartete. Umweltschutz- und Gesundheitsgründen geschuldet ist Farbe heutzutage nicht mehr so aggresiv und basiert auf Acryl- oder Wasserbasis.
Zumindest, was man so im Baumarkt kaufen kann. Leider hat sie damit auch einen Teil ihrer Haftfähigkeit eingebüßt. Ich habe die Aluminiumoberfläche angerauht, ich habe es mit Grundierung versucht. Trotzdem konnte ich die Farbe mit dem Fingernagel abkratzen, ohne groß Druck ausüben zu müssen. Eine Frontplatte, die ich verschandele, nur weil ich versehentlich beim Patchen mit dem Bananenstecker abrutsche? Horrorshow!
Eloxieren war auch kurz im Gespräch. Leider deckt die Schicht nicht so richtig und wenn die Frontplatte vorher einen kleinen Kratzer hat, ist er hinterher auch noch zu sehen. Die Struktur des Untergrunds bleibt erhalten. Außerdem hätte ich das entweder nur in Auftrag geben können oder mich mit dem Gedanken anfreuden müssen, mit Natronlauge und Schwefelsäure herumwerkeln zu dürfen. Kein schöner Gedanke.
Ich habe auch ganz kurz mit Farblaserdruck auf Folie experimentiert. Ich erspare euch den Erfahrungsbericht …
Schließlich hörte ich von so genannter Pulverbeschichtung. Das sah mir nach einem gangbaren Weg aus. Nach anfänglichem Zögern (Inklusive Verbrauchsmaterial seit ihr mit 300 – 350 Euro dabei …) habe ich mich entschieden, diesen Weg zu gehen und muss sagen: Ich habe es nicht bereut. Auf dem nebenstehenden Foto seht ihr meine „Fertigungsstrasse“, bestehend aus: Dem Beschichtungsgerät, einem kleinen Kompressor und einem billigen Pizzaofen. Zu dem ganzen Zubehör komme ich noch. Hier findet ihr ein gutes (englisches) Video, welches den ganzen Prozess anschaulich beschreibt. Der Mann hat sogar das gleiche Gerät wie ich.
Grundsätzlich funktioniert Pulverbeschichtung so: Ein zu bedampfendes Werkstück wird an einem Metallhaken frei aufgehängt. Am Beschichtungsgerät ist ein Kabel mit einer Krokodilklemme, welche als Erdung funktionert und mit dem Metallhaken verbunden wird. Der vordere Teile der Pistole ist über das Basisgerät mit Hochspanung aufgeladen (Wir sprechen hier über mehrere 10.000 Volt!). Wie im Video zu sehen ist, bläst der Kompressor Luft in die Pistole ein und reißt damit das Pulver (Bei mir: RAL 9005 tief-schwarz matt) aus dem aufgeschraubten Behälter mit, das vorne als Wolke austritt und sich, statisch aufgeladen, auf dem Metall niederschlägt. Als Beschichtungskammer tut’s bei mir ein alter Pappkarton, in den ich oben quer einen alten Schaschlikspieß gesteckt habe. Daran ist die Erdungsklemme befestigt und daran hängt auch an einem Metallhaken mein zu bearbeitendes Werkstück. Ist das Metall vollständig bedampft, nimmt man es z.B. mit einer langen Spitzzange vorsichtig ab und hängt es in den auf 200° vorgewärmten(!) Ofen, wo die Schicht festgebrannt wird. Nach 15 Minuten ist der Brennprozess fertig und man kann das Werkstück zum auskühlen aufhängen.
Hier der komplette Fertigungsprozess einer Frontplatte. Blanke Frontplatte 12TE, pulverbeschichtet, bedruckt und gebohrt und schließlich mit Bedienelementen versehen. Nach dem Bedrucken sprühe ich noch Mattlack (OBI Klarlack Spray Transparent seidenmatt) über die Front, um den Glanz der Beschichtung weiter zu verringern, letzte Unregelmäßigkeiten zu ebnen und die Druckfarbe noch widerstandsfähiger für den täglichen Gebrauch zu machen.
Die Tipps
1.: Besorgt euch einen guten Kompressor. Der abgebildete Kompressor ist zu klein. Grundsätzlich benötigt ihr 0,6 – 1 Bar (oder 10 – 15 psi). Das hört sich nicht viel an, aber so ganz trivial ist die Erzeugung selbst von so wenig Druck nicht. Das abgebildete Modell kosten keine 10 Euro und sollte angeblich 8 Bar(!) leisten. In der Praxis zieht er bei 12 Volt drei Ampere aus meinem Labornetzteil und steckt diese Leisung vorrangig in Lautstärke und einen scheinbar angeborenen Fluchtreflex, dem ich nur entgegenwirken konnte, indem ich ihn auf einem Brett festgeschraubt habe. Wir kommen trotzdem miteinander aus, weil ich ihn erst Druck aufbauen lasse und dann den Griff der Pistole betätige, so dass er sich quasi zyklisch entladen kann. In Schüben zu arbeiten ist vom Erfinder zwar sicher nicht so gedacht gewesen, funktioniert aber. Die Pistole selbst hat einen eingebauten Druckminderer, so dass bei zu viel Druck die Luftzufuhr gedrosselt werden kann. Am Kompressor habe ich den Anschluss für das Autoventil mit einem Cutter abgeschnitten und mir ein Spiralschlauch mit Schnellverschlüssen besorgt, damit ich genügend Rangierfreiheit habe.
2.: Sorgt für gute Belüftung und einen Mundschutz. Ich habe keine Ahnung (und will es auch nicht wissen), was das Pulver in meiner Lunge anrichten könnte. Entfettet die zu bedampfenden Flächen vorher mit Isopropylalkohol. Auch hierbei kann Frischluft nützlich sein.
3.: Achtet auf kurze Wege. Stellt die Bedampfungskammer und den Ofen am Besten direkt nebeneinander. Nehmt das Werkstück vorsichtig vom Haken und hängt es in den vorgeheizten(!) Ofen, ohne irgendwo anzuecken. Anecken bedeutet: Die Farbe löst sich. Blanke Stellen werden sichtbar. Kein großes Problem, denn man kann problemlos nachbedampfen.
3.: Den richtigen Abstand einhalten. Haltet ihr die Pistole zu nah ans Werkstück, können Funken überspringen. Auch diese Stelle wird blank, aber auch hier kann einfach nachbedampft werden. Haltet die Pistole waagerecht oder leicht nach unten geneigt, niemals nach oben. Ihr bekommt schnell ein Gefühl für den richtigen Abstand. Wenn sich die Pulverwolke zum Werkstück hingezogen fühlt, ist alles gut.
4-6.: Lest die Bedienungsanleitung. Lest die Bedienungsanleitung. Lest die Bedienungsanleitung.. Hochspannung macht Aua. Snychron zum Druck auf den Auslöser am Pistolengriff will noch ein Fußschalter bedient werden, der die Hochspannungs ein- und ausschaltet. Reinigt am Ende des Tages die Pistole mit Druckluft (auch hierfür ist ein guter Kompressor hilfreich!), sonst könnte Feuchtigkeit im Luftkanal dazu führen, dass sich dort Farbreste ablagern. Doof, wenn man mal eine andere Farbe ausprobieren möchte. Für den Brennvorgang ist ein separater Ofen notwendig, nicht den, dem ihr sonst eure Pizza anvertraut. Der muss nur 200 Grad erzeugen und diese 10 – 15 Minuten halten können (Türöffnungen kurz halten!). Ein Timer ist hilfreich, der am Ende den Ofen abschaltet.
Abschließend noch ein paar Fotos, was man noch alles falsch machen kann. Statische Elektrizität zieht nicht nur das feine Beschichtungspulver an, sondern auch groben Hausstaub. Leider sind die Staubkörner vor dem Einbrennen nicht zu sehen. Ihr könnt das mit dem oben beschriebenen Mattlack (und dem nachfolgenden Siebdruck natürlich) noch leicht kaschieren, aber nicht gänzlich unsichtbar machen. Sorgt also für eine staubfreie Umgebung.
Hier sieht man, glücklicherweise nur auf der Rückseite, den „Schatten“ des Drahtes, an dem das Werkstück beim Bedampfen aufgehängt war. Auch hier ist Experimentieren angesagt, denn auf der Vorderseite ist das ein NoGo und ist das Pulver erst einmal festgebrannt, ist nachbedampfen nicht mehr möglich. Hier auch zu sehen: Die Rückseite der Frontplatte ist unbedampft. Zum Einen kann man sich das Material sparen und zum Anderen Massepotential auflegen. Auch nicht unwichtig.
So sieht es aus, wenn ihr ein bereits gebranntes Kind erneut bedampft und dem Ofen überantwortet. An den Übergangsstellen zwischen erster und zweiter Session bilden sich Blasen. Hier ist das Kind in den Brunnen gefallen. Ihr kommt durch diesen Fauxpas aber in den Genuß, eine Frontplatte zur erneuten Verwendung komplett von der Beschichtung befreien zu dürfen. Und einen Eindruck davon, wie gut sie hält. Auf diesem Foto ist überdies die generelle Oberflächenstruktur zu erkennen.
Abschließend kann ich nur sagen, froh zu sein, diesen Weg gewählt zu haben. Mit ein wenig Sorgfalt und Erfahrung lassen sich schnell gute Ergebnisse erzielen. Übt mit alten Aluminiumresten, bekommt ein Gefühl dafür, die Pistole zu bedienen. Ich habe mit einem 250gr Becher Farbpulver bisher zwanzig Frontplatten bedampft und vielleicht erst die Hälfte verbraucht.
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